Systemversagen: Exit-Strategie?

Das System, in dem wir leben ist gezeichnet von maßloser Expansion in vielen Bereichen. Konzerne expandieren. Staaten expandieren. Ein irgendwie geartetes Gleichgewicht kennen wir nur aus der Theorie. Wo geht’s raus?

Heutzutage stellen immer mehr Menschen fest, dass sich unser gesamtes Wirtschaftssystem auf einem gefährlichen Ritt in Richtung Abgrund befindet. Neben den materiellen Folgen bringt das auch viele Konsequenzen in sozialer und ökologischer Hinsicht mit sich.

Obwohl die Lage klar, die Probleme benannt und bekannt sind, obwohl wir genau wissen, was uns alle in den absoluten Kollaps treiben wird… geht alles weiter, wie bisher. Passend dazu, fragte mich jemand kürzlich: „Wir wissen genug. Wir wissen alles über die Ursachen und Wir kennen auch die Wege die funktionieren. Warum versuchen wir dennoch, entgegen allem Wissen, die Wege, von denen wir wissen, dass sie nicht funktionieren?“ Dazu fiel mir – etwas resignierend – zunächst nur zu entgegnen ein: „Weil’s für den Moment bequemer ist, einfach auf der ausgebauten Autobahn dem Abgrund entgegen zu rollen, anstatt auszusteigen und über den Schotterweg in die Zukunft zu gehen.“

Tatsächlich sprechen wir bei der Frage nach einem Exit aus dem System nicht über Lifestyle-Themen, nicht darüber, was woke ist. Sondern darüber, was die Menschheit auf Dauer retten wird. Zumindest sollten wir das so handhaben.

„Warum also“, drängt sich die Frage auf, „wird stur so weiter gemacht, obwohl wir wissen, dass die Finanzmärkte jederzeit kollabieren könnte, durch Spekulation, maßlose Überproduktion und daraus resultierender Ressourcen-Verknappung? Wenn doch zusätzlich der Klimawandel droht, uns als ganz spürbar, physisch zu gefährden?“

Das sind Fragen, die ich immer wieder und immer wieder höre. Erstaunlicherweise auch von Menschen, die sich zwar darüber Gedanken machen, aber keinen Anstalten machen, irgendetwas zu ändern. Zumindest dann nicht, wenn es einen Mehraufwand an Zeit oder Mühe bedeutet. Das lässt darauf schließen, dass bei nicht wenigen die persönliche, ideologische im Wege steht, die „aus Prinzip“ verbietet, das Richtige zu tun. Denn irgendwie müsse das alles ja doch so seine Richtigkeit haben, weil es doch sonst anders wäre. Exit? Weit weg! Was tun?

Natürlich kann auch ich hier keine alles umfassende, globale Exit-Strategie liefern. Es wäre vermessen, zu behaupten, dass ich den Stein der Weisen gefunden hätte. Immerhin funktioniert ein Exit aus unserem System nur im Großen. Gewiss können wir alle im Kleinen etwas tun, um das System erträglicher zu machen. Wir können Vorbilder sein. Wir können Druck ausüben. Und doch bleiben wir in gewisser Weise stucked in einem abwärts gerichteten Strudel. – Also auch alles an den Alternativen falsch?

Exit muss global sein. Dafür müssen die Menschen den Nutzen daraus erkennen, als Freiheit nicht mehr zu verstehen, lediglich entscheiden zu können, welchem Konzern man sich morgen unterwirft, welchem Regime man übermorgen den Hof macht. Letztlich beruhen beinahe alle gewalttätigen Konflikte auf Expansionsbemühungen, geostrategischen Überlegungen und daraus folgenden aus eben diesem Freiheitsbegriff. Das perfide daran: Er ist Bestandteil vieler Kulturkreise. Zufriedenheit durch Expansion. Ob Wirtschaftsunternehmen oder Staat oder auch Religion: Das Heil sehen sie alle in dem Ziel, ihre eigene Machtbasis auszubauen oder zu sichern. Jede einzelne dieser Größen blendet dabei konsequent die Folgen ihres Handelns auf die globalen Zahnräder, die den Apparat tagein tagaus laufen lassen.

In aller Klarheit: Maßlose Expansion von Konzernen, Staaten und Religionen zu stoppen, würde bedeuten, dass die Menschheit frei für einen zeitgemäßen Freiheitsbegriff wäre – den der gegenseitigen Teilhabe. Nicht des Teilnehmens am Markt. Nicht dem des Teile Kaufens, nur der persönlichen sozialen Expansion wegen. Nein, eine solidarische Gesellschaft, die Produktion als Erfüllungsgehilfen des Menschen ansieht und lebt – und nicht umgekehrt. Nicht wie bisweilen.

Dem ursprünglichen, zweidimensionalen Kapitalismus ist ein wesentlich feingliedriger Neoliberalismus gefolgt. Dieser suggeriert uns, wir müssten einfach nur etwas tun, damit wir alles hätten. Folglich ist die Lehre daraus: Die vielen Milliarden Menschen, die nichts oder zu wenig zu essen haben, die tun einfach zu wenig.

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