Frauen in Führungspositionen?

In Deutschland leben ungefähr so viele Frauen* wie Männer in den für das Arbeitsleben relevanten Altersgruppen. Gleichzeitig bilden Frauen* eine absolute Minderheit in Sachen Führungspositionen.

Zwar gibt es einige Bereiche, in denen hier Frauen* dominieren, klar ist dabei aber auch, dass das Berufe und Branchen betrifft, in denen Mann ohnehin keine nennenswerte Karriere macht, weil diese Branchen notorisch schlecht zahlen und vom Ansehen her kein Status-Plus erfolgt. Diese unerwünschten Führungspositionen übernehmen in der Folge Frauen*.

Dort, wo Führungspositionen mit Karriere, mit spürbarem finanziellem Plus und Status-Gewinn verbunden gelten, herrscht nach wie vor das Patriarchat in großer Einigkeit – so im produzierenden Gewerbe, im Bau und bei Information und Kommunikation. Gebetsmühlenartiges Bekunden von Gleichberechtigung und Diversität ist in der Praxis leider häufig nicht viel mehr als ein Feigenblatt – dem Image wegen. Denn ein freimütig und offen nach außen getragenes chauvinistisches Weltbild würde womöglich 50% potentieller Kund:innen vor den Kopf stoßen, nämlich mindestens den Frauen*.

Steinzeitlich. Ungleichheit als Ergebnis der Sozialisierung

Ein Zusammenspiel aus in die Jahre gekommenen Familien-Modellen, einem mittelalterlichen Rollenverständnis und der in Chefetagen häufig omnipresenten Selbstüberhöhung von Männern und das Kleinhalten von Frauen* sind dabei erfahrungsgemäß gewichtige Ursachen.

Einige dieser Punkte werden uns noch immer von klein auf aber auch während Weiterbildungen nahegebracht und manifestiert. Wann immer es darum geht, zu rechtfertigen, warum Männer quasi naturgemäß oben stehen, wird mit Bildern aus der Steinzeit argumentiert. Davon durfte (oder eher ‚musste‘) auch ich mich im Rahmen einer Fortbildung bei einer wirtschaftsnahen, namhaften Seminaranbieterin überzeugen. Besonders perplex kann es machen, wenn gerade Frauen dieses von Männern zur Selbstbestätigung erfundene Märchen als Stein der Weisen vermitteln wollen.

Warum das nicht funktioniert? Wir können nicht immer dann mit der Steinzeit argumentieren, wenn es dazu geeignet ist, zu erklären, warum alles wie immer bleiben soll. Denn dazz fehlt der ganzheitliche Ansatz, der berücksichtigen müsste, dass der Steinzeit-Dulli weder lesen noch schreiben konnte und höchstwahrscheinlich wirklich triebgesteuert zum Essen und Fortpflanzen und Gebiet mit Gewalt verteidigen durch die Wälder gestapft ist. Freilich kommt auch „der Mann“ nicht gut dabei weg. In vorgenannten Situationen erklärt man uns aber nicht, dass er nicht nur der Überleben sichernde Mamutjäger war, sondern auch nach Bedarf den ein oder anderen erschlug oder sich einfach das Weibchen nahm, das er gemäß Status im Stamm eben haben wollte.

Diese Gesellschaft hat noch viel zu tun. Ich selbst nehme mich da nicht aus. Wir alle können den notwendigen Prozess des Wandels beschleunigen, indem wir uns öfter hinterfragen – das tut nicht weh, kostet nichts.

Eines sollten wir alle trotz alledem nie tun, nämlich vergessen, dass unsere Gesellschaft ein kastenähnliches Klassensystem praktiziert, gegen das wir zusammenstehen müssen.

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