Bad König: Ein CDU-Politiker hält eine rassistische Kerbe-Rede, in der er sich über „Kopftuchfrauen“ auslässt und auch sonst allerhand antimuslimisch-rassistische Sprüche zum Besten gibt. Klare Anbiederung an Positionen der rechtsextremen AfD und anderen (proto-)faschistischen Bewegungen, sog. Wutbürger und überhaupt quasi alle, die für rassistische Tendenzen empfänglich sind. Es ist menschenfeindlicher Populismus in Reinkultur, der nur zu offensichtlich in einer Linie mit Alice Weidels „Kopftuchmädchen und „Messermänner“-Polemik zu verorten ist.
Rechtsradikale versuchen den öffentlichen Diskurs immer weiter nach rechts zu verschieben. Die Gleichgültigkeit vieler Menschen wirkt dabei unweigerlich wie Rückenwind. Als vor 30 Jahren, 1992, das Blumenhaus von Rostock-Lichtenhagen 1https://www.proasyl.de/news/30-jahre-rostock-lichtenhagen-der-rassismus-ist-noch-nicht-ueberwunden/ in Flammen aufging und tagelang von Rechtsradikalen angegriffen wurde, während jubelnde Anwohner klatschten, wenn Scheiben eingeschmissen und Räume mit Frauen und Kindern in Brand gesteckt wurden, ging ebenfalls eine Welle der Hetze gegen Geflüchtete und Minderheiten voraus. Zentral von Unionspolitikern initiiert, um das Asylrecht endlich auszuhebeln. Neben der üblichen „Das Boot ist voll“-Polemik, verteilte z. B. die Charlottenburger CDU in großer Auflage hetzerische Flyer, die man nur mit viel gutem Willen vom Sprech der Rechtsextremen „Republikaner 2https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/500810/republikaner-die-partei/“ (von ehem. CSU-Mitgliedern gegründert) unterscheiden konnte 3https://taz.de/Das-Boot-ist-voll/!1674633/?.
Keine Anzeichen im Vorfeld?
Es sei dahingestellt, ob nun allerhand Leute reflexartig sagen möchten, dass man von den Neigungen des CDUlers ja nichts geahnt hätte. Niemand steht morgens auf und hat plötzlich diese Ansicht. Und niemand „überrumpelt“ damit seine Partei-Kamerad:innen. Im Gegenteil, wer sich öffentlich derart selbstverständlich und selbstbewusst in dieser Form positioniert, hat in der Vergangenheit bereits viel Zuspruch aus den eigenen Reihen erhalten.
Wollen wir so etwas in der Öffentlichkeit wirklich mit einem Schulterzucken abtun?
Dass vor Ort niemand eingreift und dem Mann Paroli bietet oder ihn sogar gleich wegzerrt, ist besorgniserregend und sagt viel über die Wirkung der Verunsicherung aus, die durch die Polemik aus den Reihen von Union und AfD, teils auch FDP geschürt wird.
Man möge einwenden, dass es im Nachgang Protest von Menschen aus dem Odenwaldkreis gab. Das ist korrekt. Auch wichtig. Was jedoch nicht passiert ist, und das wäre viel wichtiger gewesen: das Schauspiel sofort zu unterbinden. Gelegenheit gab es augenscheinlich genug.
Bürgermeister Axel Muhn erklärte beim Hessischen Rundfunk (hr.), dass er und ein Ortsbeirat, der während der Hassrede neben ihm saß, sich einig waren: „So etwas geht gar nicht, das ist unterste Schublade.“ Im Nachhinein, so der hr. weiter, hatten sich „der Magistrat der Stadt und sämtliche Ausschüsse“ von den Äußerungen distanziert. Die Frage bleibt genauso wie der Vorwurf: Wieso distanziert man sich hinterher? Wieso muss es erst zu öffentlichem Aufschrei kommen, bevor Konsequenzen gezogen werden? 4https://www.hessenschau.de/panorama/bad-koenig-cdu-stadtverordneter-marc-boehm-tritt-nach-rassistischer-kerbrede-zurueck,rassistische-kerbrede-100.html
Hier zeigte sich leider erneut, dass Geklüngel und das Anschein-Wahren „da oben“ wichtiger sind, als entschieden für die Werte einzustehen, die man vollmundig nach draußen kommuniziert. Eine Schande.
YouTube-Link zur HR-Reportage: https://youtu.be/wwVtuVpCVn8
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