Nachdem der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, die „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk anerkannt und unter diesem Vorwand sog. „Friedenstruppen“ auf ukrainisches Staatsgebiet geschickt hat, droht sich die Lage weiter zuzuspitzen, sodass bereits jetzt eine besorgniserregende Eskalationsstufe erreicht ist.
Ich rufe daher dazu auf, die Waffen niederzulegen und alle Interventionen zu unterbinden. Die Truppen der russischen Föderation müssen sich umgehend aus der Ukraine zurückziehen!
Gleichzeitig rufe ich alle Menschen in und um Friedensbewegungen dazu auf, sich bundesweit an Protesten für den Frieden, an Protesten gegen den Krieg, zu beteiligen. Für mich, wie auch für meine Partei DIE LINKE steht für uns vor allem das Völkerrecht im Vordergrund.
Obgleich Russlands Sorgen hinsichtlich der fortwährenden Ausdehnung der NATO nicht unberechtigt sind, stellt die Entsendung von Truppen auf ukrainisches Gebiet eine massive und greifbare Grenzüberschreitung dar. Das alles ist weit mehr als Säbelrasseln. Dabei ist für mich völlig unverständlich, wie Menschen noch immer an den Lippen Putins kleben, der ganz offensichtlich ein geschickter, aber eiskalter Schachspieler ist und den aktuellen Zug in Ruhe geplant hatte. Die Kritik richtet sich damit gleichwohl selbstverständlich auch an die weiteren Regierungschefs, die quasi zeitgleich die Unabhängigkeit der Separatisten-Gebiete anerkannt und sich damit zum willfährigen Steigbügelhalter Wladimir Putins gemacht haben.
Es ist nicht hinnehmbar, dass Präsident Putin derlei Vorwände nutzt, um seine Expansionsfantasien für seine „Heim ins Reich“-Ideologie auszunutzen, die Ukraine zu destabilisieren. Dabei brüskiert Putin zudem alle, die in den letzten Jahren solidarisch zu Russland gestanden haben, versucht haben, Russland und seine Beweggründe zu verstehen und vermittelnd zu agieren. In seiner kürzlich gehaltenen Rede war der Präsident hierzu mehr als deutlich. Die Welt, die Herr Putin gerne hätte, ein Russland, das sich bis an die ehemaligen Sowjet-Außengrenzen erstreckt, wird es nicht mehr geben. Darüber ist fraglich, ob es überhaupt – vor allem für links orientierte Menschen – erstrebenswert sein kann, einem Staat einen solchen Flächengewinn zu wünschen, der mittlerweile Inbegriff kapitalistischer Ausbeutung, Unterdrückung und gute Chancen hätte, als Wahrzeichen der globalen Korruption zu gelten.
Den Beschluss des Zentralkomitees der KPdSU von 1989, den Republiken das Recht auf formelle Selbstbestimmung zuzuerkennen, erklärte Putin für falsch und schädlich. Putin erhebt damit Gebietsansprüche an alle, die jemals Teil (freiwillig oder nicht) der Sowjetunion waren.
Der Journalist Parkhomenko stellt dazu treffend fest: „Und das alles, weil und nur weil er für immer auf seinem Stuhl sitzen will.“
Das Anerkennen und darauf offensichtlich folgende Einverleiben von Donezk und Lugansk wiegt schlimmer, als eine faktische Kriegserklärung an die Ukraine.
Die Forderungen der Partei DIE LINKE teile ich hierbei:
- Die russischen Truppen müssen sofort zurückgezogen werden. Konfliktentschärfung und Deeskalation sind dringend notwendig.
- Alle diploma0schen Möglichkeiten müssen jetzt genutzt werden. Eine Rückkehr zum Minsker Abkommen und dessen Umsetzung muss das Ziel bleiben.
- Vereinbarung eines beiderseitigen militärfreien Sicherheitskorridors an der ukrainisch-russischen Grenze sowie an der Grenze zwischen Russland und NATO-Mitgliedstaaten
Keine Zeit für Whataboutism
Bei aller berechtigten Kritik an die NATO, an die Untätigkeit bzw. Zahnlosigkeit der UN: Bei Demonstrationen für den Frieden müssen die richtigen adressiert werden. Whataboutism ist in der aktuellen Situation der falsche Berater. Positioniert euch gegen Putin. Echte Solidarität mit Russland funktioniert nicht während ihr Putin huldigt und über alle Maßen rechtfertigt.
Die Losung „Путин украл будущее России!“ [sprich: Putin ukral budushhee Rossii] (dt.: „Putin tötete die Zukunft Russlands“) wird seit Längerem auf regierungskritischen Demonstrationen in Russland skandiert. Demonstrationen, die für die Beteiligten nicht ohne sind. Man erinnere sich an die schockierenden Bilder Anfang 2020 aus vielen russischen Städten und Oblasten.
Unterdessen veröffentlichte die Berliner Zeitung ein Statement des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic vom Montag (mit TV Pink laut der Tass), das aufzeigt, welche destabilisierenden Folgen Putins Handeln für Teile Europas haben kann und wird. So schreibt die Berliner Zeitung: „dass Serbien Russland unterstützen wolle, weil die Mehrheit der Serben an der Seite Russlands stünden“ und zitiert Vucic: „Deshalb ist unsere Position so schwierig: Serbien hat den europäischen Weg eingeschlagen, Serbien hat immer die Integrität der Ukraine unterstützt, aber auf der anderen Seite werden etwa fünfundachtzig Prozent der Menschen immer auf der Seite Russlands stehen, was auch immer passieren mag. Das sind die Fakten, mit denen ich als Präsident des Landes konfrontiert bin“ – (Link: https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/putin-verschaerft-ton-dramatisch-eine-rede-wie-eine-kriegserklaerung-li.213174)
Nieder mit der Hegemonie!
Letzten Endes muss es alles darum gehen das Denken zu überwinden, man müsse besser bewaffnet, toller ausgestattet und überhaupt allen anderen überlegen sein. Solange wir an diesen hegemonialen Zuständen festhalten, werden wir immer wieder vor ähnlichen Situationen stehen. Es muss darum gehen, gleichberechtigte Partner zu werden anstatt Rivalen, deren Feindschaft sich irgendwann vor zig Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten begründet hatte. Ob nun Russland, die Ukraine, die gesamte NATO oder die EU, baltische Staaten oder Balkan – wo auch immer!
Zukunftsmusik gegen Großmachtphantasien
Gegen Allmachtsphantasien hilft nur, sich als Gemeinschaft geschlossen und stark zu präsentieren. Die staatlichen Territorien müssen als solches zusammenrücken und sich einigen und vermitteln statt spalten und zerreißen – sich gegenseitig helfen anstatt sich zu blockieren hilft der Stabilität und baut Brücken. Eine Welt, die das schafft, macht sich frei von Militär-Bündnissen, weil diese obsolet werden. Egal wo.
Solidarische Grüße
Sebastian Klaus