Verkehrswende ohne Ryanair

Ryanair – guten Flug, nach sonst wohin

Die Linksfraktion Hessen veröffentlichte kürzlich die folgende Pressemitteilung Weggang des Billigfliegers Ryanair vom Frankfurter Airport:

Ryanair kündigt laut dpa an, sich kurzfristig zum 31.3. vom Frankfurter Flughafen zurückzuziehen. Als Grund werden erhöhte Landegebühren angegeben. Dazu erklärt Axel Gerntke, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Ryanair wurde ab 2016 mit Rabatten an den Frankfurter Flughafen gelockt – mit dem Segen des grün geführten Wirtschaftsministeriums. Angeblich als Starthilfe für neue Flugziele. Zu glauben, dass der Dumpingflieger bleiben würde, wenn die Gebühren steigen, war aber von Anfang an naiv.“

Die Airline sei in der Vergangenheit durch einen schäbigen Umgang mit ihren Beschäftigten aufgefallen. Dies habe auch die Löhne und Arbeitsbedingungen in Frankfurt weiter unter Druck gesetzt, so Gerntke. Auch der kreative Umgang mit Flugplänen und das großzügige Auslegen des Nachtflugverbotes sei wiederholt Thema gewesen. Insgesamt sei der Weggang von Ryanair kein Verlust.

„Die börsennotierte Fraport AG setzte auf einen Wachstumskurs um jeden Preis statt auf ein verkehrs- und klimapolitisch sinnvolles Angebot. Immer wieder wurde die Notwendigkeit von neuen Kapazitäten betont und damit der Bau von Nordwestlandebahn und Terminal 3 begründet. Dann sollten diese Kapazitäten mit Billigfliegern aufgefüllt werden – und dann kam Corona. Es wird Zeit für eine Flughafenpolitik, die klimapolitisch in die Zeit passt und den Interessen der Beschäftigen und der Anwohnerinnen und Anwohner dient – statt den Profitinteressen der Aktionäre.“

DIE LINKE. Fraktion im hessischen Landtag

Billigflieger sind Klimakiller

Billigflieger sind ein Relikt aus Zeiten, in denen wir kapitalistischen Interessen und dem menschlichen Gattungs-Zentrismus ohne Widerrede huldigten – deren Flucht aus der Realität dahingegen ein Beweis dafür, dass diese Phase glücklicherweise, wenngleich zu langsam, vorbei geht.

Die Einschätzung Axel Gerntkes teile ich. Zu erwarten, Ryanair würde anfangs zu Minimalgebühren fliegen und Erhöhungen hinnehmen, war meines Erachtens aber nicht nur naiv sondern auch grob fahrlässig, denn es entspricht weder dem Geschäfts- noch dem Wertemodell einer Fluglinie, die systematisch Arbeitsschutz und Nachtflugverbot und zeitgemäße Entlohnung negativ beeinflusst. Durch das Geschäftsmodell der Fluglinie wurde der ohnehin schon fragwürdige Markt am Flughafen in eine Negativspirale gezogen. Nicht zuletzt stieg der Druck auf die umliegenden Fluggesellschaften.

Im Zeichen des immer höher, immer weiter, konnte Ryanair bis kurz vor der Corona-Krise viele Millionen Menschen für kleines Geld durch die Luft befördern. Ein Wahnsinn – so bewarb die Linie zum Beispiel Flüge nach Mallorca für unter 20 Euro. Völlig absurd, sowohl kaufmännisch als auch im Hinblick auf den Klimawandel. Natürlich kann man in der aktuellen Wirtschaftsform keinen Vorwurf machen – immerhin basiert unsere komplette Gesellschaft nach wie vor darauf, Gewinne zu maximieren, stetes Wachstum zu erwirtschaften. Da geht Masse über Verantwortung – und in einem Privatkunden-Segment funktioniert Masse nun einmal vornehmlich über den Preis. Dabei darf festgehalten werden, dass die Tageskarte für den Zug vom Hauptbahnhof Wiesbaden zum Hauptbahnhof Frankfurt bereits rund 18 Euro kostet.

Der CO2-Ausstoß ist bei Flugzeugen besonders hoch – vor allem vor dem Hintergrund, dass das Angebot von Dumping-Airlines meist Routen beinhaltet, die problemlos mit dem Zug zurückgelegt werden könnten.

Verkehrswende ist Grundstock für Klimaschutz

Die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen ist entscheidend dafür, wie hoch die Akzeptanz einer ganzen Generation für Klimaschutzmaßnahmen und den Verzicht auf klimaschädliches Verhalten ist. Umso wichtiger ist es, hier endlich die Weichen in Richtung Verantwortung und Zukunft zu stellen. Dabei steht der Flugverkehr genauso im Fokus wie der Individualverkehr.

„Kein Geld“ darf kein Argument dafür sein, dass sich Menschen flächendeckend völlig entgegen der nachgewiesenen Klimaproblematik verhalten.

Verkehrswende: ÖPNV konkurrenzlos machen!

ÖPNV oder Kurzstreckenflug? Ja, die einen möchten Kurzstreckenflüge und Inlandsflüge am liebsten einfach verbieten, die anderen hoffen auf die Einsicht vieler Menschen. Wären da nicht die alltäglichen Probleme vieler Menschen, nämlicher völlig überzogene Lebenshaltungskosten und eine Löhne auffressende Inflation, würde im Rahmen der aktuellen Verkehrssituation die Hoffnung auf Eigenverantwortung sinnvoll sein.

Flug von Frankfurt nach Köln, 60,00 Euro

Die Kosten für Bus und Bahn-Tickets sind zu hoch. Insofern ist es dringend erforderlich, die Bahn zurückzuführen, zu ihrem Kerngeschäft, der Fahrgastbeförderung, Strecken auszubauen und mehr Züge auf die Schienen zu bringen und letztlich die Personenbeförderungskosten drastisch zu reduzieren. Das Zugticket nach Frankfurt-Köln darf nicht teurer sein als ein Flug von Frankfurt nach Köln. ÖPNV und Fernverkehr müssen neu gedacht, massiv ausgeweitet und attraktiver werden. Der öffentliche Personen-Nahverkehr sowie die Fernverkehrsstruktur müssen Inlandsflüge schlicht obsolet machen.

Zugticket von Frankfurt nach Köln, 72,40 Euro

Die Frage hierbei, was bei weiterem Einbrechen von Fluggastzahlen mit den Angestellten der Fluglinien passiert, ist dabei von ebenso hoher Bedeutung. Ohne Frage sehen sich viele Menschen dann einer ungewissen Zukunft gegenüber. Hier müssen Staat wie auch Fluggesellschaften ihrer Verantwortung nachkommen und einen Fonds bilden, der es ermöglicht, Menschen beim Jobwechsel zu fördern oder, falls nicht möglich, zum gleichen Gehalt in einem anderen Job einzusetzen. Auch sind die Gewerkschaften hier aufgefordert, endlich konsequent Position zu beziehen, sich entschieden gegen alle Formen der Tarif-Reduktion im Fluggastbetrieb zur Wehr zur setzen. Es muss um kompromisslose rote Linien gehen.

Hessen, als Bundesland mit einem der wichtigsten Flughäfen Europas muss hier federführend aktiv werden und Konzepte erarbeiten und umsetzen. Vor allem im Interesse der vielen Beschäftigten darf die Realität nicht weiter zwischen Lippenbekenntnissen und Beschwichtigungen oder gar Relativierungen verklärt werden. Nur wenn jetzt gehandelt wird, besteht die berechtigte Hoffnung darauf, dass ein gerechter Wandel auch für die Belegschaften an den Flughäfen geschafft werden kann.

Der Markt hat seine Chancen, eigenverantwortlich auf die sich anbahnende Krise zu reagieren, längst verspielt, indem er sich höchstens an den gesetzlichen Vorgaben orientiert aber keine Eigeninitiative zeigt. Wie in vielen Bereichen, verkaufen Konzerne gesetzliche Vorgaben als ihre eigenen revolutionären Ideen, um zum Klimaschutz beizutragen. Am Ende verhindern sie durch intensive Lobby-Arbeit effizienten Klimaschutz und eine gerechtere (Arbeits-)Welt. Tatsächlich basieren Änderungen zumeist auf Verboten und Vorgaben von staatlicher Seite. Ein Grund mehr dafür, dass politische Akteure endlich entschieden agieren und aktiv werden, unabhängig vom Wohlwollen von Konzernspitzen.

Für die Zukunft.

Solidarische Grüße
Sebastian Klaus

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