Mindestlohn in der Kritik!

Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12,00 € wird bereits von Vertretern der Arbeitgeberseite massiv kritisiert. Das ist falsch und zeigt, dass die Arbeitgeber letztlich kein Interesse an ausgewogenen Verhältnissen haben.

Schon bei der Einführung des ersten Mindestlohns 2015 agitierten Arbeitgeberverbände, dass das Arbeitsplätze vernichten würde und nicht finanzierbar wäre und Arbeitsplätze wie auch Arbeitsmoral kosten würde. Passiert ist dann Folgendes: Die Menschen hatten mehr Geld und konnten mehr konsumieren und / oder privat investieren. Die Wirtschaft hat dadurch eine stärkere Basis erlangt.

Heute ist die Situation nicht anders. Letztlich wollen Arbeitgeberverbände häufig Belegschaften schwächen. Die lächerlichen Verweise eines Herrn Wollseifer auf Tarifverträge ist eine Farce – und gleichzeitig ein unbewusstes Signal an Gewerkschaften. Denn diese waren in den letzten Jahren teilweise derart zahnlos, dass Arbeitgeberverbände sie als Partner in Sachen Tarif-Bequemlichkeit ansehen. Ziemlich skurril.

Kriegserklärung der Wirtschaft an die Belegschaften

Arbeitgeberverbände haben absurderweise mitgeteilt, dass sie eine Verfassungsklage gegen den Mindestlohne von 12,00 € anstreben werden (ZDF.de). Nach Aussage der Arbeitgeber ginge es hierbei darum, dass durch einen erhöhten Mindestlohn die Tarifautonomie in Gefahr wäre – was nicht einmal gelogen ist. Doch stinkt der Fisch vom Kopf her: Denn wenn auch Tariflöhne nicht ausreichen, Gewerkschaften also die nötige Durchschlagskraft fehlt oder die Lobby des Marktes in Berlin zu stark ist, dann dient die gepriesene Tarifautonomie lediglich dem Profitbestreben einer elitären Oberschicht anstatt den Massen, die tagtäglich für den Reichtum der Wenigen arbeiten. Hier müssen Gewerkschaften wieder bissiger, Menschen wieder mobilisiert und das Gefühl für die Notwendigkeit von Arbeitskämpfen reaktiviert werden. All das ist in den letzten Jahren massiv vernachlässigt worden.

Kurzum: Wenn eine Firma den Mindestlohn nicht zahlen kann, dann ist nicht der Mindestlohn Mist, sondern die Unternehmens-Kalkulation und z.T. die Firma selbst. Eine Vollzeitstelle muss in einem der reichsten Länder der Welt immer dazu führen, dass man sein Leben ohne staatliche Unterstützung und ohne finanzielle Nöte führen kann. Ist das nicht gegeben, wird dem Vollzeitjob der Sinn genommen und weiter ungehemmt die Spirale in die Massen-Armut angefeuert und beschleunigt, während sich einige wenige immer unverfrorener an der Arbeitsleistung der Vielen bereichern.

Deren Minderheitsreichtum landet zudem nicht in der hiesigen Wirtschaft sondern in Investmentfonds, die vor allem chinesische und anderswo angesiedelte Großkonzerne und Start-ups fördern und damit auf kurz oder lang der deutschen Wirtschaft den Saft abdrehen. Wo auch immer die vielen Milliarden, die sich hier angeeignet werden, auch landen – sicher ist, dass alle mehr davon hätten, wenn das Geld auf den Konten der Angestellten landete.

SPD muss liefern

Für die Sozialdemokraten der SPD rund um Bundeskanzler Olaf Scholz bleibt zu hoffen, dass sie hier stark bleibt und nicht vor Drohgebärden der Wirtschaft einknickt. Ansonsten verspielt sie ihre einzige wirklichje Existenzberechtigung und macht ihre Regierungsbeteiligung obsolet. Nachdem bereits die Grünen in vielen Punkten des Klimaschutzes (z. B. Tempolimit) umgefallen sind, wäre das fatal. Da bringt es auch nichts, dass wir das nun augenscheinlich hinnehmen könnten. Legalize It ist zwar gewissermaßen sicher, doch ändert das nichts an den eigentlichen Problemen, die uns tagein, tagaus beschäftigen.

Gewinnen würde letzten Endes der Klüngel um Friedrich Merz und Christian Lindner sowie die sog. AfD.

Wie hat sich der Mindestlohn entwickelt?

Der Mindestlohn, wie wir ihn kennen existiert in einer abgespeckten Version seit 2015. Bis zum 31.12.2017 durften Zeitarbeitsfirmen noch immer weit unter Tarif zahlen. Das änderte sich per 01.01.2018. Seit dem gelten die Mindestlöhne nach Mindestlohngesetz (MiLoG) ohne Einschränkung.

Entwicklung des Mindestlohns über die Jahre

JahrMindestlohn-Höhe
20158,50 €
20168,50 €
20178,84 €
20188,84 €
20199,19 €
20209,35 €
2021 – 1/29,50 €
2021 – 2/29,60 €
2022 – 1/2 9,82 €
2022 – 2/210,45 €

Gewerkschaften gefordert

Gewerkschaften: Die einen sind bissiger, die anderen verfügen über enorm viele Mitglieder. Andere fristen ein unbedeutendes Nischen-Dasein. Die anderen sind jeder Person geläufig – die Gewerkschaftslandschaft ist so vielschichtig, wie die Gesellschaft. Und alle haben eine Aufgabe: Dafür zu kämpfen, dass die Löhne gerecht sind und dass Arbeitsumstände gut sind. Ihre Zielgruppe müssen die vielen Beschäftigten sein und nicht die Lobby-Klubs der Wirtschaft. Gerade jetzt, wo Wirtschaftsvertreter unverblümt ihr wahres Gesicht zeigen, sind Gewerkschaften dazu aufgerufen, Gas zu geben und Druck aufzubauen. Dazu habe ich mich auch kürzlich im Zuge der TVL-Verhandlungen geäußert.

Auch dw.com stellte bereits fest: „Nur Estland und Lettland schneiden noch schlechter ab.“

In diesem Sinne: Frohes Neues!

Eine Antwort zu „Mindestlohn in der Kritik!“

  1. […] ich bereits im Artikel Mindestlohn in der Kritik erwähnte, überlegen Arbeitgeberverbände bereits mobil zu machen gegen den Mindestlohn. Die alte […]

Über den Autor

Spenden

Beliebte Kategorien

Klick-Tipp: Rundumgedanken

ADHS, Komorbiditäten, Behinderung, Inklusion, Diversität, Diskriminierung