Antisemitismus in Deutschland – wie weit noch?

Antisemitismus | Gil Ofarim, deutsche Rockmusiker jüdischen Glaubens, war zu Besuch in Leipzig – wegen einer Fernsehaufzeichnung. Dazu wollte er in einem Hotel der Kette „WestIn“ einchecken. Nachdem er sukzessive in der Schlange der Wartenden übergangen wurde, erkundigte er sich und erhielt als Tipp, er solle doch seinen Davidstern ablegen, den er an einer Halskette trägt, dann könne er einchecken.

Antisemitismus ist tabuisierter Teil des Alltags

Das Hauptproblem an den niederträchtigen Vorgängen rund um Gil Ofarim in Leipzig sehe ich vor allem in der Tatsache, dass die Menschen außenherum nichts sagend dastehen. Gleichwohl aber auch die, die nun erneut eine zionistische Verschwörung wittern. Gleichzeitig hetzen die ersten AfDlinge schon, es sei „importierter Antisemitismus“.

Es war erwartbar, dass sie auch dieses Thema direkt für ihre perverse Agenda instrumentalisieren. Ganz offensichtlich geht es aber auch gar nicht um sog. „importieren Antisemitismus“. Denn unabhängig vom ‚Täter‘ gibt es eine Vielzahl weiterer Beteiligter:

  • das Schweigen, das Antisemitismus legitimiert, kam ganz tief aus den weiteren Besucher:innen des Hotels
  • die kurz darauf durch West In aufgrund einer Antisemitismus-Kundgebung nahe des Hotels beauftragte Sicherheitsfirma (PRO GSL Security) wird von bekannten Rechtsextremen geführt

Antisemitismus – bittere Realitäten

Machen wir uns nichts vor, „Judenwitze“ und irgendwelche pseudolustigen Hitlerverharmlosungen haben wir alle im Alltag schon mal wahrgenommen, gehört oder gelesen – im direkten privaten Umfeld, manchmal auf der Arbeit. Da müssen wir nichts „importieren“. Was wir aber endlich müssen: Nicht wortlos hinnehmen, dass Antisemitismus immer noch Bestandteil der Alltagskultur ist.

Wir erleben derzeit einen Aufwind an Ressentiments und Theorien, die uns in Deutschland wieder als Opfer fremder Mächte darstellen sollen. Das ewige Lied des Rechtspopulismus spielt zur Zeit wieder extrem laut und trägt Früchte.

Selbst internationale Medien berichten mittlerweile in einer ungewohnten Regelmäßigkeit über rechte Netzwerke und Antisemitismus, Antiziganismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland. Auch das sollte uns zu denken geben.

Wachsam bleiben und aktiv werden

Ich sag es, wie es ist: Seit Anfang des Jahres habe ich eine Vielzahl von Anzeigen veranlasst, gegen Antisemiten, gegen Menschen, die offen gegen Muslime und Sinti und Roma hetzen – damit gegen Feinde unserer – der Zukunft zugewandten – Gesellschaft.

Wer das anonym erledigen möchte: HASSmelden ist eine Plattform, die das für euch übernimmt, sofern es einen Link zu den entsprechenden Inhalten gibt (Internetseiten, Tweets, FB-Postings,…). Ihr bekommt eine Mitteilung zum Stand der Dinge und ob die Anzeige der Staatsanwaltschaft vorliegt.

Lasst euch nicht einlullen, nicht klein reden. Schweigt nicht. Lasst euch nicht einschüchtern.

Solltet ihr Angst haben, etwas auszudiskutieren oder gar zur Anzeige zu bringen, so könnt ihr zumindest kurz darstellen, dass ihr der Meinung nicht seid. Schweigt nicht, denn für Rechtspopulisten bedeutet Schweigen Zustimmung. Solltet ihr rechtsextreme Aufkleber oder Schmierereien entdecken, entfernt sie oder lasst sie entfernen.

Eine Bitte zum Schluss

Auch wenn sich Schlagzeilen aus dem Osten der Republik häufen, bitte ich darum, weder Sachsen noch andere pauschal als „rechtes Volk“ anzusehen. Auch wenn die AfD und ihre Randorganisationen und Kumpel-Parteien wie NPD & Co. dort erfolgreicher sind, als im Westen: Die Mehrzahl der Menschen steht ganz klar dagegen. Verhöhnt sie nicht – reicht ihnen die Hand und zeigt, dass ihr solidarisch seid und mit ihnen zusammen gegen Hetze und Hass steht. Denn was Rechtspopulisten vor allem wollen: Einschüchtern und Spalten, um jegliche Gegenwehr in Zerstrittenheit zu wissen. Doch das wird nicht passieren.

Solidarische Grüße
Sebastian Klaus

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