Meinung | Mit Verwunderung stieß ich vor Kurzem auf eine Pressemitteilung der CDU Rheingau-Taunus vom 05.03.2021 – also kurz vor der Kommunalwahl in Hessen – in der ein Lars Christian Klink von Fake-News gegen die CDU aufklären und den Standpunkt seines Kreisverbands darlegen will. Einen genauen Bezug zum angeblichen Fake stellt er nicht her – verweist auf ein „Video auf Facebook“. Ohne hier Inhalt oder gar einen Link anzugeben.
Worauf sich Herr Klink also bezieht, ist nicht eindeutig auszumachen. Natürlich war zu dem Zeitpunkt, kurz vor der Kommunalwahl, das Nervenkostüm arg strapaziert. Korruptions- und Maskenskandal schwebten bereits wie ein Damoklesschwert über der Union. Im Rheingau-Taunus kam die CDU vergleichsweise glimpflich davon. Nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die Region in einen konservativen Nebel gehüllt ist, in dem alle kritischen und problematischen Themen schon immer konsequent totgeschwiegen wurden. Denn hier interessieren Wein und SUVs.
Was aber genau stört mich an der Pressemitteilung der CDU?
Wie dort zu lesen ist, fehlen der CDU jegliche Argumente. Dadurch sieht sie sich krampfhaft dazu verleitet, in bester Trump-Manier, die stereotypen Lieder von Kommunisten und vom bösen roten Sozialisten zu singen. Dass DIE LINKE Verantwortung übernommen und das Erbe der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) angetreten hat, muss freilich immer herhalten, wenn es keine konkreten Kritikpunkte gibt. Nach außen gibt sich die CDU, wie übrigens auch die FDP als immun gegen SED-Doktrin und schweigt sich konsequent zu ihrer Vergangenheit aus. Denn dazu gehört eben auch die Ost-CDU. Ihres Zeichens SED-hörig und hoch vermögend.
Verantwortung zeigen – Nicht leugnen
2008 hat DIE ZEIT unter der Überschrift “ Die CDU und der vergessene Pakt mit dem Teufel“ ausführlich darüber berichtet, wie schnell die Vergangenheit der geschluckten Blockpartei völlig egal wurde. Da ging es um einen Parteitag in Stuttgart. DIE ZEIT konstatiert:
„Ein kritischer Antrag des CDU-Kreisverbandes Halle setzte sich nicht durch. Angenommen wurde nur eine Ergänzung der ursprünglichen Vorlage: Die CDU hat in der SED-Diktatur mitgewirkt. Das muss reichen.“
Bereits 1990 konnte die Tageszeitung „taz“ Interessantes zu Tage fördern, was Stasi-Leute bei der CDU angeht: Die CDU führt die Stasi-Liste an
Das sah seinerseits übrigens so aus:
- CDU – 35
- FDP – 11
- PDS – 11
- Die Grünen – 2
Ein paar weitere Leseempfehlungen in dieser Sache:
Rhetorik des kalten Krieges zeitgemäß?
Wer sich heutzutage klar gegen die Panikmache, das Stereotypen-Feiern und das Hetzen gegen soziale Bewegungen im Stile der AfD stellen will, darf sich nicht auf das gleiche rechte Niveau herablassen. Denn mit „konservativ“ hat diese Art der Kommunikation bei weitem nichts mehr zu tun.
Das war in den 50er und 60er Jahren „normal“. Die AfD hätte das gerne wieder als neues „normal“. Sehr irritierend, dass man in der CDU Rheingau-Taunus so bereitwillig und unaufgefordert im Gleichklang mit den Rechtspopulisten singt. Dazu passt auch das pauschalisierte bezeichnen der Antifa als Linksextreme.
Da ändert es auch nichts, dass sich der CDU-Abgeordneter für Rheingau-Taunus/Limburg, Klaus-Peter Willsch, in der PM mit Vergleichen aus Bremen zu Wort meldet. Immerhin einer der Vertreter der CDU, die zum einen mit dem Euro ein Problem haben, sich dazu noch offen dafür zeigen, Koalitionen mit der AfD einzugehen. Umso skurriler wirkt vor diesem Hintergrund dieses vor Klischees triefende Statement.
Das ist auch kein neues Phänomen; eher konsequentes Weitergehen eines bereits eingeschlagenen Weg.
- 2014: „Wir müssen für künftige Koalitionen nüchtern darauf blicken, mit wem wir die größten Schnittmengen haben: mit der SPD, mit den Grünen oder mit der AfD? Da sehe ich die größten Schnittmengen mit der AfD.“ ( Spiegel)
- 2016: Gegenüber der Hessenschau sagte Willsch am Sonntagabend zu möglichen Koalitionen: „Wir müssen erst mal schauen, was rauskommt.“ Auch auch Nachfrage, wie er zur AfD stehe, schloss er eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei mit keinem Wort aus. Er betonte nur, dass es müßig sei, über Koalitionen zu reden, ohne zu wissen, wer in den Kreistag einziehe. ( ND.de)
Auch steht Willsch seit geraumer Zeit in der Kritik wegen seines sog. „Monatsanzeigers“. In seinem Blättchen (bekannt u. a. durch Affären um Annoncengeschäfte mit Taiwan und der Rüstungslobby) hetzte er gegen Geflüchtete – unter Berufung auf die Kosten. Die Frankfurter Rundschau zitiert ihn, es sei „genug Geld, um jedem der 870.000 Bafög-Empfänger 57.000 Euro in die Hand zu drücken oder jedem Rentner mit Grundsicherung 100.000 Euro zu überweisen.“ – zum Artikel. Gleichermaßen fragwürdig erscheint hier, dass Herr Willsch als Autor auf dem rechten Portal „Tichy’s Einblick“ tätig ist.
Die Richtigstellung des Fraktionsvorsitzenden André Stolz wirkt da wie ein Tropfen auf den heißen Stein: „im Gegensatz zur SPD ist die CDU politische Kraft, die im Kreistag nicht mit Extremen agiert, nicht mit der SED-Nachfolge Die Linke und nicht mit der AFD.“
Hoffen wir, dass sich die Rheingau-CDU eher an Stolz als an Willsch orientiert – Wenngleich beide lediglich den Stereotyp von Konserven bestätigen.
Solidarische Grüße
Sebastian Klaus
1 Gedanke zu „CDU RTK – Hengste auf Stereotypen?“